Was ist eine SPS? – Einfach erklärt mit Siemens S7
- Thomas Perl
- 14. Mai
- 4 Min. Lesezeit
1. Einleitung
Wer schon einmal in einem Industrieunternehmen gearbeitet hat, sei es in der Produktion, im Maschinenbau oder in der Gebäudetechnik, ist früher oder später mit dem Begriff SPS in Berührung gekommen. Für Außenstehende wirkt das Thema oft wie ein Buch mit sieben Siegeln – viele Fachbegriffe, blinkende LEDs im Schaltschrank und ein Haufen Kabel, die scheinbar irgendwo hinführen. Dabei ist eine SPS im Grunde nichts anderes als das Gehirn einer Maschine oder Anlage. Ich selbst habe als gelernter Elektroinstallationstechniker und später als SPS-Programmierer viele Anlagen aufgebaut, in Betrieb genommen und gewartet – und möchte dir in diesem Beitrag einen praxisnahen und verständlichen Einblick in die Welt der Speicherprogrammierbaren Steuerungen geben, mit einem besonderen Fokus auf die Siemens S7-Serie.
2. Was ist eine SPS überhaupt?

Eine SPS – also eine Speicherprogrammierbare Steuerung – ist ein elektronisches Gerät, das digitale und analoge Signale verarbeitet, um Maschinen und Anlagen automatisch zu steuern. Anders als bei herkömmlichen Relaisschaltungen oder Zeitschaltuhren basiert die Funktionsweise einer SPS auf einem Softwareprogramm, das flexibel an die jeweilige Anwendung angepasst werden kann.
Stell dir vor, du willst eine Verpackungsmaschine bauen. Du brauchst Sensoren, die prüfen, ob ein Karton bereitsteht, Motoren, die Förderbänder antreiben, und Ventile, die Luftzylinder bewegen. All diese Komponenten werden mit der SPS verbunden, und über ein Programm legst du fest, was wann passieren soll – zum Beispiel: „Wenn der Sensor Karton_bereit = TRUE meldet, dann starte Förderband_1.“
Das Tolle an einer SPS ist ihre Flexibilität. Möchtest du später etwas am Ablauf ändern, musst du keine Kabel neu ziehen oder Relais austauschen – du änderst einfach den Programmcode.
3. Woraus besteht eine SPS?
Eine SPS ist modular aufgebaut und besteht typischerweise aus folgenden Bestandteilen:
1. CPU (Zentraleinheit): Das ist der Kopf der Steuerung. Hier läuft das Programm, hier werden die Entscheidungen getroffen. Die CPU ist mit einem Mikroprozessor ausgestattet und oft auch mit Ethernet- oder seriellen Schnittstellen, um mit HMI-Panels, anderen Steuerungen oder Leitsystemen zu kommunizieren.
2. Digitale Ein- und Ausgänge (DI/DO): Über diese Module nimmt die SPS Kontakt zur realen Welt auf. Digitale Eingänge erfassen zum Beispiel den Zustand eines Tasters oder Sensors. Digitale Ausgänge schalten z. B. Relais, Magnetventile oder Motorstarter.
3. Analoge Ein- und Ausgänge (AI/AO): Sie kommen ins Spiel, wenn es um stufenlose Signale geht, z. B. Temperaturfühler (4–20 mA oder 0–10 V) oder Frequenzumrichter zur Drehzahlregelung.
4. Kommunikationsmodule: Wenn die Steuerung mit anderen Geräten sprechen soll – etwa per Profinet, Profibus oder Modbus – kommen Kommunikationsmodule ins Spiel. Besonders in komplexen Anlagen mit mehreren Steuerungen sind diese essenziell.
5. Netzteil: Jede SPS benötigt natürlich auch Strom – das Netzteil versorgt die Module zuverlässig, meist mit 24 V Gleichspannung.
Je nach Größe der Anlage kann eine SPS aus einer kleinen Kompaktsteuerung oder aus einem halben Schaltschrank voller Baugruppen bestehen.

4. Siemens S7 – Der Klassiker unter den SPSen
Wenn man im deutschsprachigen Raum über SPSen spricht, kommt man an Siemens nicht vorbei. Die S7-Serie ist quasi der VW Golf unter den Steuerungen – bewährt, robust, weit verbreitet und mit riesiger Community und Support-Struktur.
Die bekanntesten Baureihen:
S7-300: Lange Jahre der Standard in der Industrieautomatisierung. Modular aufgebaut, zuverlässig und immer noch in vielen Anlagen im Einsatz.
S7-1200: Kompakter, moderner, mit integrierten Ethernet-Schnittstellen und ideal für kleinere bis mittlere Anwendungen.
S7-1500: Der Nachfolger der S7-300, leistungsfähiger, mit besserer Diagnose und umfangreichen Möglichkeiten für Safety und Motion-Control-Anwendungen.
S7-400: Für große Anlagen mit vielen E/A-Punkten oder in der Prozessautomatisierung.
Das Schöne an Siemens ist die durchgängige Engineering-Umgebung: Mit dem TIA Portal (Totally Integrated Automation) lassen sich Programme schreiben, Hardware konfigurieren, Netzwerke planen und Visualisierungen erstellen – alles in einem Tool.
5. Die Historie der Siemens SPSen
Die Geschichte der Siemens SPS beginnt in den 1970er-Jahren mit der S5-Serie. Damals war das alles noch sehr hardwarelastig: graue Kästen mit kleinen Displays, Programmierung in STEP 5, meist über serielle Schnittstellen und mit kryptisch anmutender Symbolik.
In den 90ern kam dann der große Umbruch mit der Einführung der S7-300 und S7-400, samt STEP 7 als neue Entwicklungsumgebung. Diese Systeme waren deutlich benutzerfreundlicher, boten mehr Möglichkeiten und haben sich in der Industrie weltweit etabliert.
Seit den 2010er-Jahren setzt Siemens verstärkt auf TIA Portal und die neuen Generationen S7-1200 und S7-1500, mit Fokus auf Digitalisierung, Industrie 4.0, Cloud-Konnektivität und modulare Erweiterbarkeit.
Man kann sagen: Siemens hat mit jeder Generation nicht nur neue Technik gebracht, sondern auch ganze Berufsgruppen geprägt – viele von uns sind mit diesen Steuerungen aufgewachsen.
6. Wofür wird eine SPS verwendet?
Eine SPS findet man überall dort, wo Maschinen automatisch arbeiten sollen. Typische Einsatzbereiche sind:
Industrielle Fertigung: Von der Verpackungsmaschine über CNC-Bearbeitungszentren bis zur Montagelinie.
Gebäudetechnik: Steuerung von Lüftung, Beleuchtung, Rolltoren oder Heizsystemen.
Verfahrenstechnik: In Kläranlagen, Brauereien oder Kraftwerken zur Steuerung komplexer Prozesse.
Fördertechnik & Logistik: Steuerung von Förderbändern, Liften und automatisierten Lagersystemen.
Besonders in der Industrie ist eine SPS nicht mehr wegzudenken. Sie sorgt für Wiederholbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit – und ist die Grundlage für Automatisierung.

7. SPS vs. Mikrocontroller – was ist der Unterschied?
Oft werde ich gefragt: „Kann ich das nicht auch mit einem Arduino oder Raspberry Pi machen?“ – Grundsätzlich ja, aber es gibt wichtige Unterschiede.
Ein Mikrocontroller wie ein Arduino ist günstig, flexibel und ideal für einfache Steuerungen oder DIY-Projekte. In der Industrie ist er aber selten anzutreffen, da es dort auf Ausfallsicherheit, Normen und Langzeitverfügbarkeit ankommt. Außerdem fehlen Dinge wie galvanische Trennung, professionelle Diagnosemöglichkeiten und zertifizierte Safety-Funktionen.
Eine SPS ist hingegen auf den industriellen Einsatz ausgelegt: robuste Bauweise, Langzeitverfügbarkeit, modulare Erweiterung und normgerechte Programmierung (nach IEC 61131-3). Auch die Wartung ist einfacher – bei einem SPS-Ausfall tauscht man das Modul aus, spielt das Backup ein und gut ist.
Kurz gesagt: Ein Mikrocontroller ist gut für Bastler und Prototypen, eine SPS ist das Werkzeug für die Industrie.
8. Fazit
Die SPS ist das Herzstück moderner Automatisierung. Sie übernimmt zuverlässig Steuerungsaufgaben in allen denkbaren Bereichen – von der Verpackungsanlage bis zum Parkhaus. Besonders die Siemens S7-Reihe hat sich dabei als Industriestandard etabliert und ist für viele Techniker die erste Wahl.
Wer wie ich aus dem Elektrohandwerk kommt und tiefer in die Automatisierung einsteigen will, wird an der SPS nicht vorbeikommen. Sie ist nicht nur ein spannendes Werkzeug, sondern auch der Einstieg in eine Berufswelt voller Möglichkeiten – von der Inbetriebnahme über die Programmierung bis hin zur Digitalisierung ganzer Werke.
Wenn du Fragen hast oder mehr über die praktische Arbeit mit SPSen erfahren möchtest, schreib mir gerne.


Kommentare